Espresso Brew-Guide
Handgriffe | Brühparameter | Kaffeeauswahl
Espresso zu brühen ist eine handwerkliche Fähigkeit, die Zeit und Übung erfordert. Sei geduldig, experimentiere und lass dich nicht entmutigen. Mit der Zeit lernst du, einen hervorragenden Espresso zu brühen, der deinen Vorlieben und Qualitätsstandards entspricht.
Um dir den Einstieg in das Thema zu erleichtern, fassen wir dir hier alle wesentlichen Dinge zusammen. Starten werden wir mit dem Quick-Guide für Ungeduldige. Nimm' dir aber die Zeit, den gesamten Artikel zu lesen. Ergänzend kannst du bei uns auf YouTube vorbei schauen, da erklären wir zahlreiche Themen im Detail.
Quick-Guide
Wenn es richtig schnell gehen muss, dann brühe nach den folgenden Parametern:
- Wiege eine Dosis von 19 Gramm Kaffeemehl ab.
- Brühe mit einem Brew-Ration von 1:2, also aus den 19 Gramm Kaffeemehl einen Espresso von 38 Gramm.
- Die Brühzeit sollte bei ca. 30 bis 35 Sekunden liegen, gezählt ab dem ersten Tropfen, der aus dem Auslauf fällt.
- Die Brühtemperatur sollte bei 94°C liegen, wenn du es einstellen kannst.
Den Mahlgrad passt du anhand der vorherigen Parameter zunächst an. Läuft der Espresso sehr viel schneller als die genannten 30 Sekunden durch, stelle den Mahlgrad feiner. Läuft der Espresso sehr viel langsamer durch, dann stelle den Mahlgrad gröber. Beachte, dass du jedesmal etwas Kaffeemehl verwirfst, wenn du den Mahlgrad verändert hast. Alle unsere Kaffees haben ein solches Brührezept, nach dem du dich orientieren kannst. Mit dieser Faustregel kommst du in eine grobe Richtung und du bekommst häufig schon einen soliden Espresso als Ergebnis.
Schauen wir uns nun die wichtigsten Brühparameter beim Brühen von Espresso an, um besser zu verstehen, was diese bewirken. Leider stehen alle Parameter in einer Wechselwirkung zueinander und es gibt nicht die eine perfekte Einstellung, die für alle Kaffeesorten funktioniert. Aus dem Grund ist Espresso brühen manchmal so komplex und erfordert ein tieferes Verständnis. Das bauen wir im Verlauf dieses Artikels gemeinsam auf.
- Brühdruck - Der ideale Brühdruck liegt zwischen 7,5 bar und 9 bar. In der Regel wird mit 9 bar gearbeitet, aber insbesondere bei helleren Röstungen kann ein etwas niedrigerer Brühdruck Wunder bewirken. Brühtemperatur - Die Temperatur des Brühwassers sollte zwischen 93°C und 96°C liegen. Je konstanter eine Espressomaschine eine gewünschte Temperatur liefern kann, desto besser. Schwankungen in der Brühtemperatur schmeckt man sofort. Hellere Röstungen vertragen eine höherer Temperatur, dunklere Röstungen sollten mit einer niedrigeren Temperatur gebrüht werden.
- Mahlgrad - Der Mahlgrad hat einen entscheidenden Einfluss auf die Menge der Aromen, die aus dem Kaffee gelöst werden können. Je feiner die Mahlung, desto großer ist die Oberfläche und somit die Kontaktfläche zwischen Wasser und Kaffeepulver. Der Mahlgrad richtet sich grundsätzlich nach der Brühmethode und der zu erwartenden Brühzeit: feiner für Espresso und gröber für Filterkaffee.
- Brew-Ratio - Das Brew-Ratio beschreibt das Verhältnis des Gewichts der Dosis zum Gewicht des Espressos. Die heutige Definition eines Espressos basiert auf einem Brew-Ratio von 1:2. Für jedes eine Gramm Dosis müssen zwei Gramm Getränk gebrüht werden, 20 Gramm Dosis sollten entsprechend ein Getränk von 40 Gramm Gewicht ergeben.
- Brühzeit - Als Fausformel für die Brühzeit gilt 30 Sekunden, da man hier in der Regel eine gute Balance erreicht. Die Zeit zählt man ab dem ersten Tropfen am Auslauf des Siebträgers. Berücksichtigt man den Druckaufbau (Soft-Infusion), kann die Gesamtdauer irgendwo zwischen 35 und 45 Sekunden liegen.
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Wir haben unsere Kaffees in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt, das erleichtert es dir, den für dich passenden Kaffee zu finden.
Die Geschichte des Espressos
Die Geschichte des Espressos reicht Jahrhunderte zurück und hat ihren Ursprung im heutigen Äthiopien, wo Kaffeebohnen wild wuchsen. Die Legende besagt, dass der Hirte Kaldi beobachtete, wie seine Ziegen nach dem Verzehr der Kaffeekirschen sehr lebendig wurden. Ob das stimmt, weiß man nicht, jedoch, dass Kaffee seinen Ursprung in Äthiopien hat. Im 15. Jahrhundert wurden die Kaffeebohnen in den arabischen Ländern beliebt. Die Menschen begannen, Kaffee zu kultivieren, zu rösten und zu mahlen, um daraus ein aromatisches Getränk zuzubereiten. Im 16. Jahrhundert entstanden in arabischen Ländern die ersten Kaffeehäuser, in denen Kaffee serviert und als Treffpunkt für Diskussionen und soziale Interaktion genutzt wurde. Diese Kaffeehäuser wurden bald zu Zentren des kulturellen Austauschs und der intellektuellen Debatten. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich in Italien eine Kaffeekultur, die für die Entstehung des modernen Espressos entscheidend war. Die Verwendung von Dampfmaschinen zur schnellen Extraktion des Kaffees führte zur Entwicklung von Espressomaschinen. Espressobars wurden zu wichtigen sozialen Treffpunkten, an denen Menschen ihren Espresso genießen, sich austauschen und die italienische Kaffeekultur erleben konnten. Im 20. Jahrhundert wurden Espressomaschinen kontinuierlich weiterentwickelt, um eine bessere Kontrolle über Temperatur, Druck und Extraktionszeit zu ermöglichen.
Uns interessiert insbesondere, wie der Espresso in Italien entstanden ist. Es gibt zahlreiche "Wahrheiten" über die Zubereitung, die auf die ersten Definitionen von Espresso in Italien zurückzuführen sind, die heute aber als veraltet gelten. Dennoch halten sich diese Aussagen bis heute hartnäckig und erschweren oft das Verständnis.
Ende des 18. Jahrhunderts war die neuste technologische Errungenschaft die Dampfmaschine. Es gab völlig neue Möglichkeiten, Aufgaben zu automatisieren, Maschinen zu bauen, die anstrengende Tätigkeiten übernehmen konnten. Der kreative Zeitgeist war es, der alle Bastler dieser Zeit dazu veranlasst hat, Dinge mit Dampf zu betreiben. Einer von ihnen, Moriondo, meinte, man könne Kaffee mit Dampf brühen. Unter Druck müsste das schneller gehen, der Espresso war geboren.
- 1884 - Die erste Espresso-Maschine war kompliziert in der Handhabung, diese bestand aus Kesseln und vielen Ventilen. Kaffeemehl musste umständlich in eine spezielle Kammer eingefüllt werden, die mit Schrauben fest verschlossen wurde, eine aufwendige Prozedur. Die Dosis war gering, der Brühdruck mit knapp über einem bar wesentlich zu niedrig und die Brühtemperatur dramatisch zu hoch. Filterröstungen, Espressoröstungen, so etwas gab es nicht, auch das Rösthandwerk musste sich erst entwickeln. Mehr als ein Prototyp ist diese Maschine nicht gewesen, für die breite Masse war sie untauglich.
- 1901 - Die Bezerra, in ihrer klassischen Form, war die erste Maschine, die das Funktionsprinzip Dampf in ein bartaugliches Gerät überführt hat. Ein überarbeitetes Design, eine hohe Säule mit einer aufgesetzten Figur, die ersten Siebträger, die ein schnelles und praktisches Arbeiten ermöglichten und die erste Dampflanze zum Aufschäumen von Milch, waren die wichtigen Neuerungen. Trotz dieser Neuerungen entsprach das Antriebsprinzip der Maschine der von 1884, wenig Druck, eine zu hohe Temperatur und einer fixen Dosis.
- 1933 - Ganze 32 Jahre hat es gedauert, bis Illy eine Alternative zur Bezerra-Maschine geschaffen hatte. Diese arbeitete etwas konstanter, konnte mehrere Espressos gleichzeitig brühen, war technisch jedoch sehr aufwendig und optisch nicht so elegant wie die klassische Bezerra. Auch das Antriebsprinzip war kaum verändert, der Druck war noch immer zu niedrig und die Brühtemperatur viel zu hoch.
- 1945 - Ein großer Sprung ist 1945 Gaggia gelungen, mit der ersten Handhebelmaschine. Das Antriebsprinzip war nun nicht mehr der Dampf, sondern eine vorgespannte Feder, die einen Druck von bis zu 9 bar liefern konnte. Da Dampf jetzt nicht mehr das wesentliche Antriebsprinzip war, konnte die Wassertemperatur gesenkt werden. Durch einen Wärmetauscher erhielt man erstmalig eine Temperatur, die zum Brühen von Espresso geeignet war, auch wenn diese von Bezug zu Bezug noch dramatisch schwanken konnte.
Die Kaffeekultur
An dieser Stelle ist es angebracht, einmal kurz zu pausieren, um zu verstehen, wie die italienische Kaffeekultur entstanden ist. Rechnen wir von 1901 bis 1945, so gibt es eine Tradition von 44 Jahren, in denen in Italien Espresso getrunken wurde, der mit heutigen Maßstäben jedoch nicht vergleichbar ist. Dennoch hat er sich im Alltag etabliert, gehört zum täglichen Ritual und hat, getrunken mit viel Zucker, einen festen Platz in der italienischen Kultur eingenommen. Es geht nicht nur um das Getränk, es geht um das damit verbundene Lebensgefühl, die kurzen Momente des Zusammenkommens, das Lachen, der Plausch mit anderen Menschen.
Rohkaffee war zu dieser Zeit eine simple Handelsware, es gab keine wesentlichen Unterscheidungen in der Herkunft, Röstungen und keinen über den damaligen Standard hinausgehenden Qualitätsanspruch an das Getränk. All diese Dinge sollten sich erst noch entwickeln. Technologische Neuerungen führen immer auch zu Wechselwirkungen in angrenzenden Bereichen, so auch auf den Anbau, die Verarbeitung, Lagerung und Röstung.
Ein weiterer Aspekt spielt eine große Rolle, der bei der Entwicklung der Espressomaschine gerne vergessen wird: die Mühle. Ohne eine gute Espressomühle ist der gebrühte Espresso kaum kontrollierbar. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren Mühlen sehr rudimentär und weit weg von dem, was wir heute für eine gute Mühle für Espresso halten. Auch aus diesem Grund kann der Espresso von früher mit dem heutigen nicht verglichen werden.
Faema
1961, die Geburt der Faema, eine der größten Veränderungen bei der Zubereitung von Espresso. Das Antriebsprinzip wurde von einer Feder hin zu einer Pumpe verändert, es konnte ein konstanter Brühdruck erzielt werden. Die neue E-61 Brühgruppe, die sich noch heute bei vielen Espressomaschinen findet, erlaubt eine gute Steuerung des Brühvorgangs, bis hin zu einer Prä-Infusion. Die Brühtemperatur war noch immer schwankend, der Druck jedoch relativ konstant, die Dosis leider noch immer fix.
Die Faema war es, die den Startschuss gab, Kaffee wurde zugänglicher. Die Maschinen waren teuer, aber bezahlbar und inzwischen in der Handhabung einfacher. Espresso, bis zu diesem Zeitpunkt in Amerika noch kein großes Thema, wurde für Unternehmen interessant. Dies hat einen Trend ausgelöst, eine Welle an Neuerungen, die primär im Amerika stattgefunden hat.
America is taking over!
In den 60er Jahren wurde Professor Lockhardt (MIT) von der amerikanischen Industrie damit beauftragt herauszufinden, welche Vorlieben Konsumenten zum Thema Kaffee haben. In zahlreichen Testreihen und Blindverkostungen sammelte er viele Daten und wertete diese aus. Das Ergebnis ist der Vorläufer zum heutigen Brew-Control-Chart, dem internationalen Standard für die Zubereitung von Kaffee und Espresso.
Mit den neuen Erkenntnissen und den besseren technologischen Möglichkeiten hat in den folgenden 30 Jahren eine massive Entwicklung in der Kaffeebranche eingesetzt. Eine Wechselwirkung von technologischen Innovationen, Veränderungen des Anbaus, der Verarbeitung und der Röstung von Kaffee. Der Rohstoff Kaffee war nicht mehr anonym, die Herkunft wurde immer genauer nachvollziehbar und Qualitätsunterschiede erkennbar. In den 90er Jahren hat dies die sogenannte dritte Welle des Kaffees ausgelöst, bei der das Produkt Kaffee nicht einfach nur in der breiten Masse zugänglich war, sonder als Produkt für sich zelebriert wurde, die Coffeeshops, wie wir sie heute kennen, waren geboren. Der Trend ist danach zurück nach Europa gekommen.
Espresso heute
Die Anforderungen bei der Zubereitung sind immer weiter gestiegen. Wurde Espresso zunächst nach Zeit gebrüht, so wurde dies durch eine volumetrische Steuerung ersetzt, bis hin zur heutigen exakten Wiegung des Getränks. Heutige Espressomaschinen sind temperaturstabil und man arbeitet mit unterschiedlichen Dosierungen. Kaffeemühlen haben sich stark verändert, der Mahlgrad ist sehr gut steuerbar, die Partikelverteilung je nach Zubereitungsart optimiert und manche Mühlen können sogar wiegen.
Insbesondere die skandinavischen Länder, die nicht durch eine frühere Espresso-Kultur geprägt waren, haben die neue Art des Kaffees aufgegriffen. Herkunft und Verarbeitung wurden dort noch stärker betrachtet, Unterschiede der Rohkaffees durch gezielte Röstung herausgearbeitet. Wo früher nach Gefühl aus dem Bauch heraus geröstet wurde, haben sich Röstprofile als neuer Standard entwickelt. Das Rösten von Kaffee wurde exakter, die Ergebnisse wiederholbar. Röstprofile sind eine Aufzeichnung aller Umgebungsfaktoren, Steuerungsparameter bei der Röstung und dem Temperaturverlauf. Kaffees durften fruchtig sein, Säure war ein gewünschtes Merkmal. Die Pluralität von Kaffees konnte sich mehr und mehr zeigen.
Doch eine Frage bleibt offen: ist er nun besser, der Espresso aus Italien? Für die, die in mögen, ja. Es gibt aber auch eine Welt außerhalb alter Traditionen. Eine Welt, die ebenso ihre Fans und dadurch eine Daseinsberechtigung hat. Eine Welt, die neue Traditionen erschafft. Auch bestehende Traditionen waren zur Zeit ihrer Entstehung die progressive und vielleicht freche Neuerung, die niemand wollte. Es hilft, durchzuatmen, sich zu entspannen und eine Tasse des eigenen Lieblingskaffees zu trinken. Ihr wisst, wo Ihr bestellen müsst :)
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Die Schritte der Zubereitung
Zahlreiche Faktoren spielen bei der Zubereitung eines guten Espressos eine wichtige Rolle und beeinflussen das Endergebnis stark. Die besten Zutaten ergeben in ungeübten Händen noch lange keinen guten Espresso. Für ein gutes Resultat ist es wichtig zu verstehen, welchen Einfluss die Arbeitsschritte auf das Ergebnis haben und welche Fehler gemacht werden können. Zahlreiche Dinge bei der Zubereitung lassen sich schnell erlernen und häufig vorkommende Fehler leicht abstellen.
Espresso-Maschinen müssen regelmäßig gereinigt werden, da sonst deutliche Beeinträchtigungen des Geschmacks und der Aromen entstehen. Ebenso wichtig wie eine regelmäßige Reinigung ist eine gute Vorbereitung der Maschine für die Zubereitung. Dies gilt besonders bei der Inbetriebnahme, nach längeren Ruhezeiten während des Betriebs und bei einem hohen Kaffeedurchsatz über den Tag. Temperatur und Hygiene wirken sich unmittelbar auf die Qualität des Espressos aus.
- Temperatur – Für die Zubereitung eines Espressos ist eine vollständig durchgeheizte Maschine erforderlich. Hierzu ist es notwendig, dass auch die Siebträger vollständig aufgeheizt sind, daher müssen diese unmittelbar nach Einschalten der Maschine in die Brühgruppen eingehängt werden und auch zwischen den Bezügen im Betrieb in der Brühgruppe eingehängt bleiben.
- Reinigung – Nach der Aufheizphase sollte jede Brühgruppe mit eingehängten Siebträgern geflusht werden, um das stehende Wasser aus der Maschine zu entfernen. Bei PID-Maschinen mit separaten Brühboilern favorisieren wir ein Flushen, bis die Boiler vollständig mit frischem Wasser befüllt sind. Flusht man entsprechend lange, sollte man es noch vor dem Aufwärmen tun. Da die Siebe mancher Maschinen bei Erhitzung einen metallischen Geschmack abgeben, hilft das Flushen nach der Erwärmung um dies zu vermeiden. Parallel hierzu sollten die Ventile der Dampfdüsen geöffnet, die Dampfdüse ausgeblasen und abgewischt werden.
- Mahlgrad prüfen – Der Mahlgrad muss über den Tag mehrmals kontrolliert und angepasst werden, um zu prüfen, ob das Brührezept noch passt. Vor der Prüfung des Mahlgrads müssen Kaffeereste aus der Mühle entfernt werden. Der schnelle Verlust von Aromen und die Oxidation der Öle bei Kontakt mit Sauerstoff sind nur zwei der Gründe, aus denen Kaffee niemals vorgemahlen werden sollte und eine direkt in den Siebträger mahlende Mühle zu bevorzugen ist.
- Siebträger reinigen - Nach dem Aufheizen und dem Flushen empfiehlt es sich, die Siebträger nochmals mit einem Tuch auszureiben. Hierzu sollte auch das Sieb entfernt werden und die Innenseite des Siebträgers abgewischt werden. Manche Siebträger geben einen metallischen Geschmack ab, dies kann so vermieden werden.
Reinigung der Maschine
Als Zwischen- und Endreinigung sollten folgende Schritte durchgeführt werden.
Reinigung des Siebes und des Siebträgers – Nach einer längeren Benutzung oder Leerlaufzeit müssen die Siebe und die Siebträger gereinigt werden. Jede Zubereitung hinterlässt Rückstände auf der Innenseite des Siebträgers und an der Unterseite des Siebes. Diese Rückstände führen nach längerer Zeit zu einer Beeinträchtigung des Geschmacks, da Kaffeereste festbacken und die Kaffeeölrückstände ranzig werden. Je nach Kaffeedurchsatz sollten die Siebträger daher mehrmals am Tag gereinigt werden. Für die Reinigung entfernt man die Siebe aus dem Siebträger, spült diese und den Siebträger mit heißem Wasser aus und reibt sie kräftig mit einem Tuch trocken. Wer dies erstmalig macht wird überrascht sein, wieviele Rückstände sich bilden und am Tuch verbleiben. Nach der Reinigung müssen die Siebträger in die Maschine eingehängt werden, damit diese wieder aufheizen und für die Zubereitung genutzt werden können.
Reinigung der Brühgruppe – Die Brühgruppe muss regelmäßig von Kaffeeresten gesäubert werden. Hierbei werden Kaffeekrümel in der Dusche und an der Gummidichtung entfernt. Für die Reinigung wird zunächst die Brühgruppe ohne eingehängten Siebträger solange geflusht, bis kein braunes Wasser oder Kaffeereste mehr im abfließenden Wasser zu sehen sind. Danach wird ein Siebträger mit Blindsieb mit heißem Wasser gefüllt, die Brühgruppe angeschaltet und der Siebträger nur leicht eingehängt und Kaffeereste an der Dichtung weggeschwemmt. Wichtig ist, dass der Siebträger nicht abdichtet und das Wasser an der Seite ablaufen kann. Bei diesem Schritt darf sich kein Druck aufbauen da man den Siebträger sonst nicht oder nur unter Verletzungsgefahr mit viel Kraft aus der Brühgruppe herausnehmen kann. Das dreckige Wasser im Blindsieb immer wieder mit frischem Wasser ersetzten und diesen Vorgang solange wiederholen, bis keine Kaffeereste mehr zu sehen sind.
Rückspühlen der Brühgruppe – Kaffeereste setzen sich nicht nur an der Dusche der Brühgruppe ab, sondern auch innerhalb der Brühgruppe selbst. Um diese wegzuspülen, wird die Brühgruppe rückgespühlt (back flushing). Hierzu wird der Siebträger (Blindsieb) vollständig in die Brühgruppe eingehängt und die Brühgruppe angeschaltet. Der nun entstehende Druck kann nicht entweichen und fließt nach Abschalten der Brühgruppe durch das Rücklaufventil der Brühgruppe ab und reinigt diesen Weg. Diesen Vorgang mit Wasser zwei- bis dreimal wiederholen. Am Ende eines Tages ist dieser Vorgang unter Verwendung eines speziellen Kaffeefettlösers durchzuführen, ein Pulver, das man in in kleinen Menge in das Blindsieb gibt. Zwischen den einzelnen Flushzyklen sollte eine kleine Pause liegen, damit die Fette in der Brühgruppe sich lösen können. Wird ein Kaffeefettlöser verwendet, muss danach sichergestellt werden, dass alle Reste des Fettlösers aus der Brühgruppe geflusht werden und wieder klares Wasser aus dieser austritt. Rückstände des Fettlösers beeinträchtigen nicht nur den Geschmack bei der nächsten Zubereitung, sondern können zudem gesundheitsgefährdend sein. Im privaten Bereich ist die Reinigung mit Kaffeefettlöser einmal pro Woche meist ausreichend.
Schritte bei der Zubereitung
Ausgehend von einer startbereiten und sauberen Maschine gehen wir nun durch die einzelnen Schritte der Zubereitung, die folgend aufgeführt sind.
Bereits der erste Schritt der Zubereitung wird fast immer falsch durchgeführt. Nach dem Aushängen des Siebträgers aus der Maschine – der Siebträger sollte nach einem Espresso-Bezug immer in der Maschine eingehängt bleiben, damit dieser nicht abkühlt und bei der Zubereitung eine hohe Temperaturstabilität gewährleistet ist – werden zunächst die Kaffeereste durch abklopfen entfernt. Das Sieb wird danach sauber und trocken gerieben und die Ausläufe werden abgetupft.
Das Reinigen und Trockenreiben des Siebes dient der Vermeidung von Channeling. Unter Channeling versteht man die Bildung von kleinen Spalten im verdichteten Kaffeemehl. Beim Channeling durchfließt Wasser das Kaffeemehl zu schnell, durch die verminderte Kontaktzeit des Wassers mit dem Kaffeemehl werden weniger Substanzen aus dem Kaffeemehl gelöst. Durch die zusätzlich hohe Flüssigkeitsmenge entsteht ein dünner Espresso mit kaum Körper und einem flachen Aromaprofil. Verbleibende Feuchtigkeit im Sieb begünstigt Channeling.
Das saubere Sieb wird nun mit frisch gemahlenem Kaffee befüllt. Bei gemahlenem Kaffee sind nach einigen Minuten die meisten der flüchtigen Aromen verschwunden. Ein selbst durchgeführter geschmacklicher Vergleich von vorgemahlenem Kaffee (einige Minuten offen liegen lassen) gegen frisch gemahlenem Kaffee lohnt sich.
Der Mahlgrad sollte so gewählt sein, dass für einen doppelten Espresso ca. 18 Gramm Kaffeemehl eine Extraktionszeit von 20 bis 30 Sekunden ergeben, bei einer Espressomenge von circa 36 Gramm (doppelter Espresso). Diese Werte gelten als grober Richtwert. Der wichtigste Aspekt ist das Brew-Ratio, das bei Espresso bei 1:2 liegt. Je Gramm an Kaffee-Dosis sind 2 Gramm an Espresso zu brühen. Wer es genauer wissen möchte, sollte sich eine unserer Schulungen zum Thema Kaffee anschauen. Insbesondere der Kurs The Science and Art of Coffee beschreitet völlig neue Wege beim Thema Kaffeeschulung. Die Kurse finden bei uns in unseren Trainingsräumen in Frankfurt am Main statt.
Die Verteilung des gemahlenen Kaffees im Sieb spielt eine wichtige Rolle. Jede Mühle liefert andere Mahlergebnisse. Manche Mühlen verteilen das Kaffeemehl sehr gleichmäßig im Sieb, was später zu einer homogenen Dichte des Kaffeepucks führt und zu einer gleichmäßgen Extraktion. Wird das Kaffeemehl hingegen ungleichmäßig im Siebträger verteilt, an manchen Stellen mehr als an anderen, führt dies später zu einer ebenso ungleichen Extraktion. Um eine Ungleichverteilung zu vermeiden, sollte bei der Mahlung darauf geachtet werden, dass die Partikel gleichmäßig im Siebträger verteilt werden, den Siebträger bei der Mahlung hierzu leicht bewegen. Wenn möglich ist auf eine nachträgliche Korrektur (Leveling, Klopfen) zu verzichten.
Nachdem das Kaffeemehl gemahlen ist, muss dieses verdichtet werden, bevor die Zubereitung erfolgen kann. Hierzu wird mittels eines Tampers das Kaffeemehl angedrückt. Beim Vortampen geht es darum, mit sehr leichtem Druck den Siebträger einzusetzen und gerade auszurichten. Danach erfolgt das volle Tampen, gerade runter und mit mindestens 10 kg Tampdruck (lieber etwas zu feste als zu leicht). Abschließend wird der Rand des Siebes von Kaffeekrümeln befreit und die Ausläufe des Siebträgers gereinigt.
Nach dem Tampen muss der Puck eine Höhe besitzen, bei der sich der Siebträger leicht in die Brühgruppe einhängen lässt. Der Abstand zwischen Kaffeemehl und der Dusche der Brühgruppe sollte so gering wie möglich sein, ohne dass sich Kaffeemehl und Dusche berühren. Bei einer Berührung von Kaffeemehl und Dusche wird die Oberfläche des verdichteten Kaffees aufgerissen, im schlimmsten Fall wird der gesamt Kaffeepuck zerbrochen. Die so entstehenden Brüche verursachen Channeling. Da die richtige Menge an Kaffeepulver nicht zwingend in die mitgelieferten Siebe eine Espressomaschine passen, sollten man unterschiedliche Siebeinsätze für verschiedene Dosierungen besitzen.
Oft sieht man, dass am Ende des Tampvorgangs der Tamper leicht gedreht wird. Diese leichte Drehung führt dazu, dass die Oberfläche etwas geglättet wird und letzte Kaffeekrümel in diese eingearbeitet werden. In keinem Fall sollte man Druck auf den Kaffee ausüben, während man dreht, da dies im schlimmsten Fall zu Rissen führen kann. Einen Schritt beim Tampen lasse ich bewusst weg: das Klopfen mit dem Tamper an die Seite des Siebträgers. Da dieser Schritt weder Auswirkungen auf den Geschmack hat, noch eine Verunreinigung der Espressomaschine vermieden wird, kann man auf diesen verzichten. Tatsächlich birgt dieser Schritt eine Gefahr: klopft man zu fest an den Siebträger, bildet sich ein Spalt zwischen Sieb und Kaffeepuck, Channeling.
Unter Flushen versteht man die Aktivierung einer Brühgruppe, ohne eingehängten Siebträger. Hierdurch fließt das Wasser direkt ab und reinigt die Dusche der Brühgruppe von Kaffeeresten. Bei Espressomaschinen auf Basis eines Wärmetauschersystems, kann über die Dauer des Flushens zudem die Brühtemperatur des Wassers geregelt werden, dies wird als Temperature-Surfing bezeichnet. Generell gilt, dass bei Wärmetauschersystemen länger und zeitlich exakt geflusht werden muss, bei temperaturstabilen Mehrboilersystemen der neusten Generation an Espressomaschinen darf man hingegen nur kurz flushen.
Warum ist eine Unterscheidung der Flushzeit je Maschinentyp wichtig? Bei der Zubereitung von Espresso ist die richtige Temperatur mitentscheidend für den Geschmack des Getränks. Da unterschiedliche Maschinentypen auf verschiedene Weise die Brühtemperatur steuern, müssen bei den Maschinen jeweils Besonderheiten beachtet werden. Die korrekte Bedienung an einer Maschine verursacht schlechte Ergebnisse an einer anderen.
Die älteren und am meisten verbreiteten Espressomaschinen basieren auf dem System des Wärmetauschers. Diese Maschinen besitzen einen großen Kessel, der Wasser enthält und so hoch erhitzt wird, dass die Dampfdüsen der Espressomaschine betrieben werden können. 120°C sind ein durchschnittlicher Wert für die Temperatur. Um das Wasser für die Zubereitung zu erhitzen, wird ein Rohr durch den Kessel geführt, eines separaten Wasserkreislaufs. Die Kesselwärme wird so auf das Wasser im Rohr übertragen. Wärmetauscher sind so ausgelegt, dass das Wasser eine annähernd gleichbleibende Temperatur besitzt, wenn dieses fließt. Stehendes Wasser – bei Pausen zwischen Bezügen an der Maschine – überhitzt hingegen, da es die gleiche Temperatur wie das Kesselwasser annehmen kann. Wissend, dass ein Espresso bei einer Temperatur zwischen 90°C und 94°C – in Abhängigkeit zur jeweiligen Sorte und dem Röstgrad – extrahiert werden muss, erkennt man schnell, dass eine zu hohe Temperatur schnell erreicht werden kann. Aus diesem Grund lässt man beim Flushen zunächst mehr Wasser fließen, um das stehende, viel zu heiße Wasser, aus der Maschine zu bekommen. Zu langes Flushen kann aber dazu führen, dass das Wasser zu kalt wird, dies ist von Maschine zu Maschine verschieden. Am besten mit einem Thermometer den Temperaturverlauf messen und die geeigneten Flushzeiten ermitteln (Extraktionszeit für den Espresso berücksichtigen).
Nach dem Flushen sollte die Stellfläche für die Tassen kurz abgewischt werden, damit etwaig vorhandene Kaffeereste nicht die Tasse verschmutzen, diese soll dem Gast sauber serviert werden. Für diesen Arbeitsschritt bitte ein eigenes Tuch verwenden, ebenso wie für die Dampflanzen und den Tisch selbst jeweils eigene Tücher genutzt werden müssen. Hygiene ist alles!
Nach der vielen Vorarbeit haben wir es nun geschafft, der sichtbarste Schritt der Zubereitung folgt, die Extraktion. Wichtig ist, direkt nach dem Flushen und Reinigen den Siebträger in die Maschine zu hängen und den Bezug umgehend zu starten. Dies verringert die Anzahl der flüchtigen Aromen, die bereits nach kurzer Zeit verloren gehen. Das Beste aus dem Kaffee soll seinen Weg in die Tasse finden und nicht, auch wenn das seinen Reiz hat, in die Luft entweichen. Bei Espressomaschinen mit Wärmetauscher kommt ein zweiter Grund für diese schnelle Abfolge hinzu: das Wasser im Tauscher soll nicht wieder überhitzen.
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Säure kontrollieren
Es ist leicht, immer nach dem teuersten Equipment zu verlangen, es gibt jedoch noch eine sehr große Welt unterhalb dieser Grenze. Sicher, in geübten Händen liefern hochwertige Mühlen, Espressomaschinen und sonstiges Zubehör im Regelfall das besser Ergebnis. Berücksichtigt man jedoch den finanziellen Aufwand, der dafür notwendig ist, relativiert das oft das Ergebnis. Besonders, wenn man berücksichtigt, wie häufig eine solche Anschaffung in der Realität tatsächlich genutzt würde.
Wir schauen uns in diesem Artikel an, wie man mit überschaubaren Mitteln das Beste aus seinem Kaffee herausholt. Um die nötigen Grundlagen zu schaffen, erarbeiten wir uns zunächst etwas Basiswissen, auf das wir später aufbauen können. Doch auch unser Tuning hat Grenzen, ein Vollautomat ist eben keine Siebträgermaschine. Es hilft, mit realistischen Erwartungen an das Thema heranzugehen.
Extraktion
Unter Extraktion versteht man das Herauslösen aller Inhaltsstoffe aus dem Kaffee, also den Brühvorgang selbst. Je nach Brühverfahren kommen hierzu unterschiedliche Methoden zum Einsatz, die jeweils andere Ergebnisse liefern. Bedient man sich des Credos, dass viel auch gut ist, irrt man jedoch stark. Nicht alle der Inhaltsstoffe, die man aus Kaffee herauslösen kann, sind angenehm und tragen im positiven Sinne zu einem Genusserlebnis bei. Man kann zu wenige Inhaltsstoffe aus dem Kaffee heraus lösen, in diesem Fall spricht man von einer Unterextraktion, oder zu viele Inhaltsstoffe, man spricht von einer Überextraktion. Die ideale Menge an Inhaltsstoffen liegt bei 18% bis 22%, das kann man messen und berechnen, wir begnügen uns jedoch mit Faustformeln zur Orientierung.
Die wesentlichen Inhaltsstoffe sind die Aromen, die Säure, die Bitterstoffe und die Lipide. Wurde alles richtig gemacht, ergibt sich eine harmonische Komposition, kein Aspekt tritt störend hervor und es gibt auch keine Bereiche, in denen es dem Kaffee an Komplexität fehlt. Das Mundgefühl (Textur) ist angenehm, ebenso wie der Nachklang. Hand aufs Herz, wie oft hat man dieses Ziel tatsächlich schon erreicht? Richtig, irgendetwas stört meistens. Manchmal liegt es an der Zubereitung, manchmal auch am gesteigerten Anspruch. An Ersterem wollen wir arbeiten.
Säure
Betrachten wir zunächst die Säuren im Kaffee, es gibt viele. Säure baut sich über den Röstverlauf ab, dunkle Röstungen einer Kaffeesorte besitzen daher zwangsläufig weniger Säure als eine hellere Röstung. Das ist weder gut noch schlecht, erklärt jedoch, warum zu dunkel geröstete Kaffees häufig anzutreffen sind: der Konsument reagiert empfindlich auf zu viel Säure. Säure ist jedoch wie das Salz in der Suppe, es macht den Kaffee lebendig. Fruchtige Noten treten hervor und zeigen Charaktermerkmale, die einen Kaffee besonders machen. Aus diesem Grund lassen viele Röster, auch wir bei backyard coffee, bewusst einen gewissen Anteil an Säure im Kaffee zu. Richtig zubereitet ist diese Säure jedoch eingebunden in ein Wechselspiel mit allen anderen Inhaltsstoffen und es ergibt sich ein rundes und harmonisches Bild.
Um zu verstehen, wie man der Säure das Halfter anlegen kann, schauen wir uns an, was beim Brühen geschieht. Säure wird fast vollständig, bereits zu Beginn einer Brühung, gelöst. Das bedeutet, dass man über den Faktor Zeit (Brühdauer) nicht viel erreichen kann, um die gelöste Menge an Säure zu kontrollieren. Die Menge an Säure ergibt sich fast vollständig aus der gewählten Kaffeedosis. Eine höhere Dosis liefert mehr Säureanteil als eine kleine Dosis. Eine kleinere Dosis reduziert jedoch auch alle anderen Eigenschaften, unter anderem die Aromen und Lipide. Einer Änderung der Dosis sind demnach Grenzen gesetzt. Ein weiterer Aspekt ist die Trinktemperatur. Hohe Temperaturen führen zu einer verminderten Wahrnehmung von Säure. Trinkt man einen sehr säurereichen Kaffee heiß, nimmt man die Säure nicht so wahr. Kühlt dieser ab, tritt die Säure immer mehr in den Vordergrund. Als Genießer von Filterkaffees ist das Phänomen bekannt, dass Kaffees bei kühleren Temperaturen fruchtiger sind. Auch die Trinktemperatur hat Grenzen, niemand möchte seinen Kaffee zu heiß trinken, nur damit dieser nicht sauer ist. Den größten Effekt erzielt man, indem man die Säure richtig einbindet. Das bedeutet, das Verhältnis der anderen Inhaltsstoffe zur Säure auszubalancieren.
Die Bitterstoffe im Kaffee lösen sich über den Zeitverlauf relativ gleichmäßig. Das bedeutet, dass ein Kaffee, der sehr lange brüht, immer bitterer wird. Umgekehrt wird ein bitterer Kaffee durch eine kurze Brühzeit weniger bitter. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn tatsächlich wird dieser Aspekt von einem zweiten begleitet. Bitterkeit und Säure sind Gegenspieler, heben sich in der Wahrnehmung teilweise auf. Betrachtet man die zuvor gemachten Aussagen zu Säure, widerspricht sich das nicht, es verstärkt den Effekt lediglich. Ebenso wie bei der Säure, hat die Dosis einen Einfluss auf die Menge der Bitterstoffe, die sich lösen, jedoch immer in Kombination mit der Brühzeit (die bei der Säure keinen signifikanten Einfluss hat). Niedrigere Temperaturen fördern die Wahrnehmung von Bitterkeit leicht, diesen Effekt kann man in der Regel jedoch vernachlässigen. Ebenso wie die Säure, müssen auch Bitterstoffe richtig eingebunden werden, das Verhältnis zu den anderen Inhaltsstoffen ist ausschlaggebend.
Sauer und Bitter sind die Eigenschaften, die am häufigsten Probleme machen. Manchmal liegt es am Kaffee, häufiger jedoch an der Zubereitung.
Aromen und Lipide lösen sich ebenfalls relativ gleichmäßig über den Brühverlauf, die Lipide etwas gemächlicher. Lange Brühzeiten lösen von beidem mehr, kurze Brühzeiten weniger. Lipide lösen sich generell bei dunklen Röstungen besser, helle bis mittlere Röstungen haben hingegen die komplexeren Aromen.
Benötigtes Equipment
Was braucht es, um Filterkaffee, Espresso und Cold-Brew Kaffee zuzubereiten? Die Minimalausstattung ist eine Waage, eine Kaffeemühle und ein Timer. Zufall war gestern, jetzt sagen wir, wo es lang geht. Die Waage sollte fein auflösen, eine übliche Haushaltswaage ist in der Regel zu grob. Da 1 Gramm Kaffeemehl bereits einen großen Unterschied machen kann, ist es wünschenswert, das exakte Gewicht zu wissen. Eine Waage, die auf 0,1 Gramm genau ist, sollte es sein. Bei der Mühle tut es jede Mühle mit Mahlscheiben oder einem konischen Mahlwerk, auch eine gute Handmühle kann genutzt werden. Es gibt inzwischen sehr gute Handmühlen, die sehr präzise mahlen und speziell für Kaffee und sogar Espresso gedacht sind. Der Dachbodenfund aus Omas Zeiten ist eher ungeeignet. Wegen der größeren Menge am Kaffee für Cold-Brew Kaffee ist eine Handmühle nur etwas für Leute, die ihre Mitgliedschaft im Fitness-Studio ohnehin kündigen wollten.
Mahlgrad
Ein kurzer Exkurs zum Mahlgrad, dann wollen wir es mit der Theorie belassen. Der Mahlgrad hat einen entscheidenden Einfluss, wieviel Inhaltsstoffe zu einem Zeitpunkt aus dem Kaffee herausgelöst werden können. Bei einem sehr feinen Mahlgrad hat das Wasser einen sehr viel größere Kontaktfläche als bei einem groben Mahlgrad, es können mehr Inhaltsstoffe gelöst werden. Bei einem groben Mahlgrad werden weniger Inhaltsstoffe gelöst. Beim Mahlen zeigt sich der Unterschied zwischen Mühlen in den verschiedenen Preiskategorien. Günstige Mühlen streuen in der Regel deutlich mehr, der gemahlene Kaffee besteht aus vielen Partikeln unterschiedlicher Größe. Je höherwertiger das Mahlwerk einer Mühle ist, desto genauer wird die Partikelgröße, die Streuung ist deutlich kleiner. Es wird deutlich einfacher, das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Das Zusammenspiel
Nun ein paar Gedankenspiele, um den Zusammenhang der einzelnen Parameter besser verstehen zu können.
Wir brühen einen Filterkaffee, das Ergebnis entspricht nicht unseren Erwartungen. Der Kaffee ist bereits direkt nach dem Brühen sehr säurebetont, kühlt dieser ab, ist die Säure sehr unangenehm. Gleichzeitig wirkt der Kaffee aromatisch flach. Gehen wir davon aus, dass der Kaffee selbst nicht die Ursache ist. Welche Gründe kann es geben, dass dieser Kaffee so geworden ist?
Extrem viel Säure spricht für eine zu hohe Dosis. In der Kombination mit den wenigen Aromen, denn bei einer hohen Dosis sollte man davon ausgehen können, dass auch mehr Aromen und Lipide zur Verfügung stehen, bleiben zwei Gründe. Der erste Grund: die Brühzeit war viel zu kurz. Wir erinnern uns, Säure löst sich zu Beginn der Brühung sehr schnell, Aromen und andere Inhaltsstoffe brauchen mehr Zeit. Durch die kurze Brühzeit haben wir nun alle Säure aber sehr wenige der anderen Inhaltsstoffe. Der zweite Grund: der Mahlgrad ist zu grob. Das Wasser hat zu wenig Kontaktfläche mit dem Kaffee und es kann nur schwer die Inhaltsstoffe herauslösen. Auch hier geht die Säure sehr schnell ins Wasser über, alle anderen Inhaltsstoffe aber sehr viel später.
Dosis, Brühzeit und Mahlgrad, was tun? In der Praxis empfiehlt es sich, in kleinen Schritten eine Näherung zu versuchen. Für das zuvor beschriebene Beispiel kann die Dosis reduziert, die Brühzeit etwas verlängert und der Mahlgrad feiner eingestellt werden. Weniger Dosis bedeutet, insgesamt weniger Inhaltsstoffe zu extrahieren. Das wiederum spricht dafür, den Mahlgrad feiner zu wählen, um die verbleibenden Inhaltsstoffe besser lösen zu können. Die Brühzeit kann dann variiert werden.
Was tun, wenn der Kaffee zu stark und bitter ist? Ist der Mahlgrad eher zu fein oder zu grob? Ist die Brühzeit eher zu lang oder zu kurz? Ist die Dosis eher zu niedrig oder zu hoch? Dieses Beispiel ähnelt dem vorherigen, wir nähern uns lediglich aus der anderen Richtung. Die Dosis ist zu gering, der Mahlgrad ist zu fein und die Brühzeit viel zu lang (gemeint ist die Kontaktzeit von Wasser und Kaffee, nicht die Menge an Wasser, die zur Brühung verwendet wurde).
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Pressure Profiling
Schaut man sich die Produktbeschreibungen der Hersteller von Espressomaschinen an, kann man den Eindruck erhalten, dass der maximal zu erreichende Pumpendruck das Kaufkriterium sein sollte. Doch stimmt das? Welchen Einfluss hat der Pumpendruck auf den Extraktionsvorgang eines Espressos? Ist ein möglichst hoher Druck gut? Wenn nein, wie hoch sollte der korrekte Druck sein? Lohnt sich die Anschaffung einer Espressomaschine mit variablen Druckprofilen?
Die Antwort ist, wie leider beim Thema Kaffee sehr oft, nicht so einfach. Wie Mahlgrad, Dosis, Brühzeit und Brühtemperatur ist der Druck eben nur ein weiterer Parameter, nicht die Lösung. Welche Rolle spielt der Druck und was kann man damit beeinflussen?
Warum den Brühdruck verändern?
Klären wir kurz, warum wir überhaupt unter Druck Espresso brühen. Entstanden ist das Brühverfahren für Espresso aus dem Wunsch heraus, mehr Substanzen aus Kaffee lösen zu wollen. Ende des 18. Jahrhunderts hatte man bereits erkannt, dass eine längere Brühzeit eines normal gebrühten Kaffees nicht die Lösung ist. Man erhält zwar insgesamt mehr Inhaltsstoffe, das Getränk wurde jedoch bitter und herb und war so gar nicht das, was man sich erhofft hatte. Wie also mehr aus dem Kaffeepulver herauslösen, ohne zu lange zu brühen? Die Idee, mit Druck zu brühen, ist entstanden. Die damaligen technischen Möglichkeiten haben sich auf den Antrieb über Dampfkraft beschränkt, man konnte einen Brühdruck von 1 bar bis 1,5 bar erreichen, jedoch teuer erkauft. Ein Brühdruck von 1 bar erfordert es, das Wasser auf knapp 100°C zu erhitzen, für 1,5 bar sind sogar über 115°C notwendig. Das sind beides Temperaturen, die dem Kaffee aus geschmacklicher Sicht nicht gut tun. Auch zu hohe Temperaturen führen zu einer extremen Bitterkeit, zudem verlieren sich viele der feineren Aromen, die im Kaffee zu finden sind. Es dauerte noch einige Jahrzehnte, bis das Prinzip einer Handhebelmaschine entwickelt wurde, bei der der Brühdruck nicht über Dampf, sondern über eine vorgespannte Feder erzeugt wird. Der Druck lag hier bei 9 bar bis 10 bar. Dies ermöglichte es, die Brühtemperatur abzusenken, da der Brühdruck nun über eine Feder erzeugt wurde. Das Ergebnis war der erste Espresso. Obwohl Druck und Temperatur noch nicht so exakt gesteuert werden konnten, wie dies heute möglich ist, war dies bereits ein großer Schritt.
Der gängige Brühdruck für Espresso liegt bei 9 bar. Ein Wert, der durch viele Versuche vor langer Zeit entstanden ist und sich in den Köpfen seither festgesetzt hat. Ebenso wie die gängigen Definitionen für Espresso, 14 Gramm Kaffeemehl sollen bei einer Brühzeit von ca. 25 Sekunden einen Espresso von 30 ml ergeben, fallen diese Werte aus der heutigen Zeit. Mit den damaligen Möglichkeiten, die aus heutiger Sicht und dem heutigen Verständnis heraus doch als sehr begrenzt anzusehen sind, war eine bessere Beschreibung nicht möglich. Die Definition eines Espressos ist heute nicht besonders klangvoll, dafür aber exakt: Ein Espresso ist ein Getränk mit einer Extraktion zwischen 18% und 22% und einer Brühstärke zwischen 8% und 12%. Das klingt etwas beängstigend. Extraktion beschreibt die Menge der gelösten Stoffe aus dem Kaffeepulver. 30% der Inhaltsstoffe des Kaffees sind löslich. Durch Testreihen weiss man, dass es richtig lecker ist, wenn man nur 18% bis 22% der Inhaltsstoffe löst. Gehen wir von einer heute üblichen Dosis für einen doppelten Espresso von 20 Gramm aus, bedeutet das, dass wir ca. 4 Gramm davon aus dem Kaffee herauslösen müssen. In einem Espresso sollen diese 4 Gramm nun einen Anteil von ca. 10% ausmachen. Das bedeutet, der Espresso sollte für dieses Beispiel 40 Gramm wiegen. Aus 20 Gramm Kaffee haben wir 40 Gramm Espresso gemacht. Betrachtet man dieses Beispiel genauer, so erkannt man das Verhältnis von 1:2, das Brew-Ratio genannt wird. Je 1 Gramm Kaffeemehl brüht man 2 Gramm Espresso.
Was sich an der Definition eines Espressos verändert hat, ist, dass man früher die technischen Parameter der Zubereitung beschrieben hat, heute jedoch die Eigenschaften des Getränks. Das ist exakter und vor allem losgelöst von den zuvor gemachten Parametern der Zubereitung.
Zurück zum Brühdruck. Der Brühdruck ermöglicht es, Wasser durch eine Menge Kaffee zu drücken, innerhalb einer vom Druck abhängigen Zeit. Abgesehen von dem Fall, dass der Durchfluss verstopft ist, fliesst bei höherem Druck mehr Wasser und bei niedrigem Druck weniger Wasser zu einer definierten Zeiteinheit. Die Menge an Wasser, die in einer bestimmten Zeit geflossen ist, nennt man Flussrate. Die Flussrate lässt sich durch viele Faktoren beeinflussen: Dosis, Mahlgrad, Temperatur und Brühdruck.
Einflussgrößen auf Druck und Flussrate
- Eine höhere Dosis vermindert die Flussrate, eine niedrigere Dosis erhöht die Flussrate.
- Ein feinerer Mahlgrad vermindert die Flussrate, ein gröberer Mahlgrad erhöht die Flussrate.
- Eine höhere Temperatur vermindert die Flussrate etwas, eine niedrigere Temperatur erhöht die Flussrate etwas.
- Ein höherer Brühdruck erhöht die Flussrate, ein niedrigerer Brühdruck vermindert die Flussrate.
Nach langen Ausführungen sind wir nun fast an den Punkt gekommen, der tatsächlich einen signifikanten Einfluss auf den Espresso hat. Nein, es ist auch noch nicht die Flussrate, sondern die sich aus dieser ergebende Kontaktzeit des Wassers mit dem Kaffeemehl, vom Eintritt in den Kaffeepuck bis zum Austritt aus dem Kaffeepuck. Die Kontaktzeit bestimmt, wie sehr das Wasser mit den löslichen Stoffen des Kaffees angereichert wird. Je länger das Wasser im Kontakt mit dem Kaffee ist, desto gesättigter ist es, es hat mehr Stoffe aufgenommen. Je kürzer, desto weniger.
Wenn man es genau wissen möchte
Es gibt hierzu bereits einige Untersuchungen, wir haben dennoch ein paar zusätzliche Testreihen durchgeführt, um die Ergebnisse zu bestätigen. Was verändert sich, wenn man ausschließlich den Brühdruck verändert? Im Bereich von 6 bar bis 10 bar Brühdruck haben wir Espressos bezogen, jeweils in einem Abstand von 0,5 bar. Mahlgrad, Dosis, Temperatur und Tampdruck blieben gleich, sowohl die Dosis als auch die Shots wurden gewogen. Der Mahlgrad wurde so fein gewählt, dass ein Bezug von Espresso möglich ist, jedoch keine Klumpenbildung und dadurch eine ungleiche Verteilung des Kaffees im Siebträger erfolgt. Zwei Dinge haben sich gezeigt: die Brühzeit hat sich abhängig vom Druck verändert, ebenso wie die Brühstärke der Getränke. Die höchste Extraktionsrate lag unterhalb von 9 bar, im Bereich zwischen 7 bar und 8 bar. Im Schnitt lag die Brühstärke um 0,1% je 0,5 bar Druckreduzierung höher. Unterhalb von 7 bar hat sich das Bild nicht mehr so deutlich verändert. Die Brühzeit hat sich bei niedrigerem Druck verkürzt. Im Nachgang haben wir noch einige sensorische Tests durchgeführt, die die Ergebnisse bestätigen.
Einen Teil der Fragestellung zum Thema Druck können wir hiermit beantworten. Zu viel Druck ist nicht gut, tatsächlich ergibt ein Brühdruck unterhalb der üblichen 9 bar oft ein besseres Ergebnis. Doch was ist mit Druckprofilen, also der Möglichkeit, den Druck während des Bezugs eines Espressos zu verändern?
Geht man weg von einem einheitlichen Druck, ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten. Eine der wichtigsten ist die Prä-Infusion. Bei einer Prä-Infusion wird der Brühvorgang bei einem niedrigen Brühdruck begonnen, der dann auf den normalen Brühdruck erhöht wird. Es gibt verschiedene technische Umsetzungen hiervon. Die einfachste ist, die Pumpe kurz anlaufen zu lassen, diese für eine gewisse Zeit zu stoppen und dann weiter laufen zu lassen. Eine Alternative hierzu ist in der Wasserzufuhr der Maschine ein Bauteil zu verbauen, das den von der Pumpe erzeugten Druck nicht gleich voll durchlässt, was zu einem sanften Druckaufbau führt. Beide Möglichkeiten sind problematisch. Die erste Variante baut zu schnell Druck auf, erlaubt es aber oft die Dauer der Prä-Infusion zu steuern. Die zweite Variante baut sanft den Druck auf, erlaubt hingegen aber keine zeitliche Steuerung. Eine echte Prä-Infusion ermöglicht beides, einen sanften Druck und eine frei zu definierende Zeit. Dies ist mit Espressomaschinen, die Druckprofile bieten, möglich.
Prä-Infusion beim Brühen von Espresso
Wozu taugt eine Prä-Infusion? Die Prä-Infusion kommt insbesondere den Anforderungen hellerer Röstungen nach. Die Löslichkeit der Inhaltsstoffe einer hellen Röstung ist geringer, im Vergleich zu einer dunkleren Röstung. Entsprechend wählt man für diese einen feineren Mahlgrad, um mehr der Inhaltsstoffe aufschließen zu können. Ist der Mahlgrad sehr fein und man startet den Brühvorgang unmittelbar mit dem normalen Brühdruck, führt das oft zu einer Verstopfung, es tröpfelt nur oder es kommt nichts aus dem Siebträger heraus. Eine Prä-Infusion schafft hier Abhilfe, indem das Wasser mit einem niedrigen Druck erste Stoffe aus dem Kaffee herauslösen kann. Hierdurch erhöht sich die Flussrate, der Espresso läuft danach unter vollem Brühdruck normal. Das Ergebnis ist, dass man aus dem Kaffee wesentlich mehr Inhaltsstoffe hat lösen können. Der Brühdruck kann und sollte unterhalb von 9 bar gewählt werden, wenn man mit helleren Röstungen arbeitet. Dem geringeren Lösungsverhalten solcher Röstungen tut es gut, wenn sich die Kontaktzeit mit dem Wasser erhöht. Gleiches gilt für das Ende eines Bezuges. Gegen Ende des Brühvorgangs befinden sich signifikant weniger Inhaltsstoffe im Kaffee. Verlangsamt man in dieser Phase die Flussrate, erhöht sich auch hier die Kontaktzeit und es kommt ein intensiveres Getränk heraus.
Grundsätzlich erlaubt es Pressure-Profiling, einen beliebigen Brühdruck zu jedem Zeitpunkt des Brühvorgangs zu erzeugen. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass drei Phasen wesentlich sind: die Prä-Infusion, die Hauptbrühung und die Nachbrühung (Post-Infusion). Diese drei Phasen sind kontrollierbar, alles dazwischen ergibt oft nicht reproduzierbare Ergebnisse.
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Wie wichtig ist die Crema beim Espresso?
Folgt man den einschlägigen Foren im Internet und den zahlreichen Gesprächen, die man bevorzugt in Coffeeshops aufschnappen kann, ist Crema der Alleskönner, der Chuck Norris des Espressos. Wie wichtig ist es, dass Zucker auf der Crema liegen bleibt oder das Crema braun mit einem kräftigen Tigermuster ist? Ist Crema tatsächlich entscheidend für einen gelungenen Espresso?
Crema ist ein visuelles Merkmal eines Espressos und wird oft herangezogen, um eine Aussage über die Qualität des gebrühten Getränks zu treffen. Insbesondere, wenn man mit Stolz seine neu erworbene Espresso-Maschine auspackt und in Betrieb nimmt, ist man dankbar für jede Hilfestellung bei der Zubereitung. Als so einfach, wie man es zunächst vermutet hat, stellt sich die Zubereitung nämlich meistens nicht heraus. Hilfe und Orientierung wird gesucht, Bilder gepostet und bestaunt. Doch worauf kommt es wirklich an?
Was ist Crema und wie entsteht sie?
Espresso wird bei einem Druck von ca. 9 bar gebrüht. Beim Brühvorgang lösen sich unterschiedliche Substanzen aus dem Kaffee heraus und gehen in das Wasser über. Neben der Säure, den Aromen, dem Koffein und den Bitterstoffen sind insbesondere die Lipide (Fette) für die Cremabildung notwendig. Diese lösen sich aus dem Kaffee und vermischen sich, bedingt durch den hohen Druck beim Brühen, mit dem Wasser zu einer Emulsion. Das alleine reicht jedoch noch nicht zur Cremabildung. Durch den Röstvorgang des Kaffees entsteht Kohlendioxid, ein Gas, das nach der Röstung über mehrere Wochen langsam aus der Bohne austritt, insbesondere aber beim Mahlen und beim Brühen des Kaffees. Das austretende Kohlendioxid wird in der Emulsion aus Wasser und Fetten gefangen gehalten und schäumt diese auf - die Crema entsteht.
Crema ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Da Kaffee im Alterungsprozess immer mehr des Kohlendioxids verliert und in diesem Prozess gleichzeitig deutlich an Aromen, kann man Crema die Funktion eines Indikators für die Frische eines Kaffees zuschreiben. Doch Vorsicht, ganz so einfach ist es dann (leider) wieder nicht. Man darf es nicht verwechseln, Kohlendioxid selbst ist nicht lecker. Es ist herb und liefert manchmal eine an Schärfe erinnernde Beinote. Noch schlimmer ist, dass eine zu frische Röstung für die Zubereitung eines Espressos ungeeignet ist, weil noch zu viel des Kohlendioxids im Kaffee gebunden ist. In diesem Fall gast beim Brühen sehr viel des Kohlendioxids aus und verdrängt dadurch das Wasser, die Kontaktzeit zwischen Wasser und Kaffee wird reduziert. Das Ergebnis ist ein Espresso, mit sehr viel Crema, der jedoch viel zu wenige Aromen aufweist.
Ist viel Crema jetzt gut oder nicht?
Es gibt eine Faustregel für die Alterung von Kaffee und ab wann dieser verwendet werden sollte. Dafür ist es wichtig zu wissen, wann ein Kaffee geröstet wurde. Ein Angabe, die man häufig nicht auf der Packung findet, man kann sich denken, warum. Wir schreiben bei jedem unserer Kaffees das Röstdatum auf die Packung und einen Hinweis, wie lange dieser liegen sollte, bevor er genutzt wird. Als Orientierung ist eine Wartezeit von einer Woche gut, der Kaffee hat seine herben Noten verloren und zahlreiche der Röstaromen, die direkt nach der Röstung eine leicht verbrannte Beinote mit sich bringen und den eigentlichen Charakter des Kaffees überlagern. Bei Filterkaffee kann man die Ruhezeit manchmal etwas verkürzen, bei Espresso hingegen verlängern. Kennt man das Röstdatum und hält man sich an die Ruhephase, kann man den Kaffee verwenden. Die Menge der Crema, die dieser liefert, ist dann eine Aussage über die Frische. Trinkt man diesen Kaffee über mehrere Wochen hinweg, stellt man fest, dass dieser an Crema verliert und gleichzeitig flacher wird. In einem gewissen Rahmen kann man durch Änderungen der Dosis und/oder des Mahlgrads den Alterungsprozess etwas kompensieren. Alt bleibt jedoch alt, Aromen die nicht mehr vorhanden sind, holt man auch mit einem noch so feinen Mahlgrad nicht zurück. Aus dieser Realität ergibt sich ein Zeitfenster, in dem ein Kaffee verbraucht werden sollte. Bemessen wir es großzügig, kann man von zehn Wochen ab Röstdatum sprechen, in dieser Zeit ist der Kaffee noch lecker. Danach wird es schwierig und insbesondere sehr hochpreisige Kaffees sind dann ihr Geld nicht mehr wert.
Wieviel Crema soll es sein?
Bisher haben wir es vermieden, eine absolute Definition von Crema zu geben, das hat einen guten Grund. Man kann es nicht sagen. Schauen wir uns kurz an, woher der Mythos Crema eigentlich gekommen ist und warum er sich so hartnäckig hält.
Wie zuvor erwähnt, besitzt Crema eine gewisse Funktion bei der Erkennung der Frische eines Kaffees. Hinzu kommt ein Aspekt aus der zeitlichen Entwicklung des Themas Kaffee. Kaffee verändert sich in Zyklen. Neue Möglichkeiten der Zubereitung machen Defizite im Rohstoff erkennbar, Anbau, Ernte, Aufbereitung und die gesamte Verarbeitungskette werden optimiert. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess, dem wir es zu verdanken haben, dass Kaffee immer mehr ein besonderes Genussmittel wird. Gleichzeitig steigt jedoch die Komplexität der Zubereitung, der Grund, warum ich dies schreibe und es hoffentlich jemand liest. Doch wie genau hat sich der Kaffee verändert und was bedeutet das für das Thema der Crema?
Der Anbau von Kaffee hat sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. Wo früher Farmer ihren Kaffee zu großen Sammelstellen gebracht haben und alle Ernten miteinander vermischt wurden, findet man heute immer mehr Parzellenkaffees. Kaffees, deren Herkunft bis zur Farm und der Parzelle innerhalb der Farm, auf der sie gewachsen sind, nachvollziehbar sind. Das Terroir, das sind zusammengenommen alle klimatischen, geologischen und sonstigen Umwelteinflüsse auf die Kaffeepflanze, sind bekannt. Der Rohkaffee hat sich von einem Standardkaffee hin zu besonderen Spezialitäten verändert. Kaffees mit besonderen Charaktermerkmalen werden nicht mehr mit allen anderen Ernten vermischt, sondern sind separat erhältlich. Wie bei Wein kann man hierdurch lernen, welche Regionen welche Art von Kaffee hervorbringen, wie diese verarbeitet wurden und wie sich diese Faktoren auf die Qualität auswirken. Als interessierter Konsument kann man heute leicht an diese Informationen gelangen.
Parallel zu den Entwicklungen des Rohkaffees, hat sich verändert, wie diese geröstet werden. Kaffees, die interessante Merkmale mit sich bringen, möchte man so zeigen, dass diese Eigenschaften sichtbar werden. Man röstet heller, säurebetonter. Kaffees minderer Qualität werden immer dunkler geröstet, aus zwei Gründen. Im schlimmsten Fall haben diese Kaffees Defekte, das sind deutliche Fehlaromen, bedingt durch Faulprozesse, Schädlingsbefall und Fehler in der Verarbeitung. Um diese Fehlaromen zu überdecken, röstet man dunkel, denn verbrannte Noten sind so dominant, dass man die negativen Eigenschaften nicht mehr wahrnimmt. Ein weiterer Grund für dunkle Röstungen ist die Art, wie Aromen im Kaffee entstehen. Man unterscheidet die Aromen in Kaffee in enzymatische Aromen, die während des Wachstums der Pflanze entstehen, Sugar Browning Aromen, die durch die Maillard-Reaktion bei der Röstung entstehen und Dry Destillation Aromen, die durch die Verbrennung der Faser entstehen. Um zu beschreiben, was bei der Röstung genau geschieht, verwende ich in unseren Schulungen gerne eine Analogie: Legobausteine. Aromen entstehen aus chemischen Bausteinen, die während des Röstvorgangs im Rahmen der chemischen Reaktionen zusammengesetzt, zerlegt und neu zusammengesetzt werden. Über den Röstverlauf entstehen und vergehen so die Aromen, ähnlich kleinen Gebilden, die man aus Legobausteinen zusammen setzt. Nun gibt es schlichte Kaffees, gewachsen auf mineralarmen Böden in niedrigen Höhenlagen, die ein sehr kleines Säckchen an Legobausteinen mitbringen. Es gibt aber auch solche, gewachsen auf vulkanischen Böden, bei idealem Klima in einer hohen Anbauhöhe, mit einem sehr großen Säckchen an Legobausteinen. Hochwertige Rohkaffees entwickeln in den ersten Phasen eine Röstung bereits intensive Aromen, aus dem enzymatischen Spektrum (floral, fruchtig, kräuterartig) und dem Sugbar Browning Spektrum (Schokolade, Nuss, Karamell). Minderwertige Rohkaffees tun dies nicht im gleichen Maße und werden daher an einen Punkt geröstet, in dem Dry Destillation Aromen durch die Verbrennung entstehen (Würze, Harz und brandige Noten), eine klassische Espresso-Röstung.
Nun haben wir weit ausgeholt, um kurz zusammen zu fassen, dass Rohkaffees sich verändert haben und es zu Zeiten der Entstehung des Espressos die heutigen Qualitäten noch nicht gab. Zudem werden minderwertige Rohkaffees dunkler geröstet, da diese sonst kaum Aromen besitzen und Fehler kaschiert werden können.
Der Rückblick erklärt die ursprüngliche Trinkgewohnheit von Espresso, dunkel geröstet und mit einer kräftigen Farbe. Ein Aspekt kommt bei dunklen Röstungen noch hinzu, die Löslichkeit. Je dunkler ein Kaffee geröstet wird, desto leichter lösen sich dessen Inhaltsstoffe. Das bedeutet, dass eine dunkle Röstung immer mehr Crema produziert, als eine hellere Röstung desselben Kaffees. Als Konsument ist man oft geeicht auf dieses Bild eines Espressos, dunkel in der Farbe und kräftige Crema mit Tigermuster.
Jetzt kommt's: Crema ist nicht wirklich wichtig. Warum?
Hellere Röstungen liefern deutlich weniger Crema, aufgrund der geringeren Löslichkeit. Doch werden diese Kaffees bewusst so geröstet, um spezielle Aromen und Merkmale des Kaffees zu erhalten, die bei einer dunkleren Röstung verloren gehen würden. Diese Kaffees gleichzusetzen mit einer dunklen Espresso-Röstung ergibt keinen fairen Vergleich, da man sich auf ein rein visuelles Merkmal bezieht, die sensorischen Eigenschaften eines Espressos jedoch ignoriert. Crema ist nachrangig zu allen sensorischen Aspekten, auch wenn sie gut aussieht und Lust auf einen Espresso macht. Möchte man eine Aussage über die Frische eines Kaffees treffen, so kann man dies nur für eine Sorte machen, relativ zur Menge an Crema wenn diese Sorte wissentlich frisch ist. Ist keine Crema vorhanden, ist der Kaffee entweder alt oder nicht genauso geröstet wie zuvor. Eine alte "Weisheit" sagt, die Crema hält wie ein Deckel die Aromen in der Tasse fest. Das ist richtig, bei einem Espresso jedoch nicht wirklich relevant, da man ihn schnell trinkt.
Es ist in Ordnung, wenn ein Espresso wenig Crema hat und trotzdem schmeckt. Das ist besser als ein Espresso mit viel Crema, der ein grausiger Geselle ist. Man muss sich nicht verrückt machen, wenn der Espresso im Aussehen nicht den Bildern im neu erworbenen Barista-Handbuch entspricht. Unser Rat: Espresso an vielen unterschiedlichen Orten trinken, herausfinden, was einem selbst am besten schmeckt und den eigenen Espresso zuhause so nachempfinden, mit oder ohne Crema.
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